Förderrichtlinien
Förderrichtlinien definieren u.a. FDM-bezogene Rahmenbedingungen und Anforderungen durch…
Grundregeln für den Umgang mit Forschungsdaten
E. Böker / CC BY 4.0
Unter Forschungsdatenpolicies werden Richtlinien verstanden, die für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Institution (z. B. Hochschulinstitut) festschreiben, wie Forschungsdatenmanagement angegangen werden soll. Solche begleitenden Regelwerke (engl. policies) existieren nicht nur für wissenschaftliche Institutionen sondern auch für Förderorganisationen und sind mittlerweile eine wichtige Orientierungshilfe für den Umgang mit Forschungsdaten. In Deutschland gibt es fast noch keine Policies mit detaillierten Vorgaben, sondern zumeist nur grundlegende Eigenverpflichtungen etwa zu den Prinzipien des Open Access oder zu den Leitlinien der „guten wissenschaftlichen Praxis“, dennoch haben inzwischen einige Universitäten den Umgang mit Forschungsdaten in ihren eigenen Universitätsrichtlinien verankert. Weiterhin wurden Forschungsdatenpolicies in den Förderprogrammen der DFG und der EU festgelegt. Beispielsweise wurden im Pilotprojekt für offene Forschungsdaten des Horizon 2020-Programms entsprechende Policies zu Projektende erprobt, indem die Teilnahme zum Einsatz von Datenmanagementplänen und zur Weitergabe der Forschungsdaten verpflichtete.[1]
Zum Thema Forschungsdatenpolicies finden sich unterschiedliche Regelwerke bei Institutionen, Journalen aber auch bei einigen Fachbereichen und bei interdisziplinären Organisationen. Die bedeutendsten Entwicklungen in diesem Raum werden im Folgenden erläutert und die wichtigsten disziplinären, interdisziplinären und Journal Policies vorgestellt.
In den Geo-, Lebens-, und Sozialwissenschaften gibt es aufgrund des häufigen Umgangs mit sensiblen und/oder personenbezogenen Daten besonders vielfältige Richtlinien. Solche disziplinären Spezifikationen sind nötig, da wissenschaftliche Daten heterogen sind und der Umgang mit ihnen durch die fachlichen Wissenschaftskulturen geprägt ist. So gibt es beispielsweise in den Sozialwissenschaften die Dachorganisation der sozialwissenschaftlichen Datenarchive, die "Consortium of European Social Science Data Archives (CESSDA)", die ein Übereinkommen zur Zusammenarbeit der europäischen Datenarchive gebildet hat[2].
In den Lebenswissenschaften wirken insbesondere die „Gute klinische Praxis (GCP)“ und die „Grundsätze der Guten Laborpraxis (GLP)“ auf den Umgang mit Daten. Beide Grundsätze, die auf Ebene der OECD formalisiert wurden, sind in Deutschland durch die GCP-Verordnung des Arzneimittelgesetztes und der GLP-Verordnung des Chemikaliengesetzes gesetzlich verankert[3].
Richtlinien von Zeitschriften kommt eine besondere Bedeutung zu. Der Zugang zu Daten, die Grundlage einer Publikation sind, ist zum einen im Rahmen der inhaltlichen Qualitätssicherung durch Peer-Review-Verfahren vonnöten. Zum anderen fördern Herausgebergremien und Verlage verstärkt die offene Zugänglichkeit von wissenschaftlichen Daten (siehe z. B. Elsevier[4], Springer Nature[5], Taylor & Francis[6], Wiley[7]). Je nach disziplinärem Fokus und tradiertem Umgang mit den Daten variieren diese Policies. In einigen Fachjournalen der Lebenswissenschaften ist dies bereits gängige Praxis (z. B. in Cell, siehe Tabelle). Ähnlich konkrete Aussagen zur Veröffentlichung von Daten, die Grundlage einer Textpublikation sind, treffen einige Open-Access-Zeitschriften. Viele dieser Zeitschriften fördern häufig eine mögliche Nachnutzung der Daten (z. B. Plos One, siehe Tabelle).
Journal | Was muss zur Verfügung gestellt werden? |
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Nature[8] | "The journal strongly encourages that all datasets on which the conclusions of the paper rely should be available to readers." Rohdaten müssen bei einer Einreichung allen für nichtkommerzielle Zwecke frei zur Verfügung stehen, Empfehlung in freien Repositorien oder in der Hauptveröffenlichung integriert |
American Geophysical Union[9] | „Policy on Referencing Data in and Archiving Data for AGU Publications“, konkrete Anforderungen an Data Archive und die Zitierung von Forschungsdaten |
American Economic Review[10] | Klar und genau dokumentierte Daten der Analyse, bei empirischen Arbeiten und auch Simulationen müssen Daten, Programme und Berechnung für die Reviewer vor der Publikation bereitgehalten werden |
Plos One[11] | Daten und Materialien des veröffentlichten Artikels |
Cell[12] | Materialien und Protokolle der veröffentlichten Experimente, z. B. Nukleotid- und Proteinsequenzen in geeigneten Datenbanken (Worldwide Protein Data Bank), Zugang durch „accession number“ |
Bei der Veröffentlichung von Forschungsdaten, die einer Publikation zugrunde liegen, gehen aktuelle Best Practices weg von der Publikation bei Zeitschriften in Form von „Supplemental Materials“ auf den Websites der Verlage und hin zur separaten Publikation der Daten in Repositorien.[13] Diese Repositorien sollten idealerweise gewisse Qualitätsstandards wie die Beachtung der FAIR-Prinzipien oder eine Zertifizierung erfüllen.
Manchmal gibt es in den Autorenrichtlinien oder Verlagsverträgen Formulierungen, die einer separaten Publikation der Forschungsdaten anscheinend widersprechen. Die Veröffentlichung von Forschungsdaten ist aber in aller Regel nicht (uns ist kein Fall bekannt) von den Vorgaben für den eigentlichen Journalartikel betroffen, sondern in einer Datenpolicy geregelt. Die Erfahrung zeigt, dass Autorenrichtlinien manchmal nicht sorgfältig formuliert sind, so dass es hier zu Missverständnissen kommen kann.
Fragen Sie bei Bedarf bei der Zeitschrift direkt nach oder erkundigen Sie sich bei Ihren einschlägigen institutionellen Beratungsstellen.
In Deutschland haben bislang über 20 Forschungseinrichtungen solche Grundsätze verabschiedet. An der Universität Leipzig wird an einem Gesamtkonzept zum Umgang mit den in ihren Instituten erzeugten Forschungsdaten gearbeitet. An der Universität Hamburg unterstützt eine Open-Access-Policy den Umgang mit Forschungsdaten nach den Leitlinien der DFG. In Großbritannien haben bereits zahlreiche Hochschulen eine „Data Policy“ verabschiedet.
Außerdem hat das Digital Curation Centre (DCC) einen 5-Schritte-Ratgeber zur Policygestaltung zusammengestellt. Die Plattform CODATA veröffentlichte 2015 ein übergreifendes Memo zur FDM-Policy-Gestaltung „Current Best Practice for Research Data Management Policies“. Im deutschsprachigen Raum gibt es sowohl vom Verband DH-NRW eine Musterleitlinie für Forschungsdatenmanagement, als auch vom Projekt FDMentor Empfehlungen zur Erstellung institutioneller Forschungsdaten-Policies. Von verschiedenen Schweizer Hochschulen wurde eine erläuterte Checkliste erstellt, die beim Erarbeiten von FDM-Policies helfen soll: DLCM Policy Tool.
Laut „Current Best Practise für Research Data Management Policies“ enthält eine gelungene FDM-Richtlinie die folgenden Kernelemente: