Von Null auf 180: Wechsel zwischen schnellem Rechnen und Speichern durch schaltbares Qubit ermöglicht

Quantencomputer benötigen zum Rechnen Qubits als elementare Bausteine, die Informationen verarbeiten und speichern. Physikerinnen und Physiker haben nun ein neuartiges Qubit realisiert, das sich von einem stabilen Ruhezustand in einen schnellen Rechenmodus umschalten lässt. Das Konzept eignet sich auch, um viele Qubits zu einem leistungsstarken Quantenrechner zu verbinden, berichten Forscherinnen und Forscher der Universität Basel und der TU Eindhoven.

Im Vergleich zu konventionellen Bits sind Quantenbits (Qubits) viel anfälliger auf Störungen und können ihren Informationsgehalt sehr schnell verlieren. Das Rechnen mit Quanten steht deshalb vor der Schwierigkeit, die empfindlichen Qubits über längere Zeit stabil zu halten und gleichzeitig Wege zu finden, um schnelle Quantenoperationen durchführen zu können. Physikerinnen und Physiker der Universität Basel und der TU Eindhoven haben nun ein umschaltbares Qubit entwickelt, das beides ermöglichen soll.

Das neuartige Qubit verfüge, heißt es in einer Pressemitteilung, "über einen stabilen, aber langsamen Zustand, der für die Speicherung der Quanteninformation geeignet ist." Über die elektrische Spannung konnten die Forscherinnen und Forscher das Qubit aber in einen viel schnelleren, dafür weniger stabilen Manipulationsmodus schalten. In diesem Zustand lassen sich mit den Qubits Informationen zügig verarbeiten.

Gezielte Kopplung einzelner Spins

In ihrem Experiment haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Qubits in Form von sogenannten Lochspins realisiert. Dabei handelt es sich um eine Leerstelle, die entsteht, wenn ein Elektron gezielt aus einem Halbleiter entfernt wird. Das entstehende Elektronenloch besitzt einen Spin, der zwei Zustände annehmen kann: hoch und runter – analog zu den Werten 0 und 1 bei klassischen Bits. Über die Abstimmung von Resonanzfrequenzen können diese Spins im neuen Qubit-Typ selektiv gekoppelt werden – zum Beispiel via ein Photon an andere Spins.

Diese Eigenschaft sei von großer Bedeutung, heißt es. Der Bau von leistungsfähigen Quantencomputern setze voraus, dass viele einzelne Qubits gezielt gesteuer und miteinander verschaltet werden könnten. Die Fähigkeit zur Skalierung sei insbesondere nötig, um die Fehlerrate bei Quantenberechnungen zu verkleinern.

Ultraschnelle Spin-Manipulation

Mit dem elektrischen Schalter konnten die Forscherinnen und Forscher die Spin-Qubits auch in rekordhafter Geschwindigkeit manipulieren: «Der Spin lässt sich in nur einer Nanosekunde kohärent von oben nach unten drehen», sagt Studienleiter Prof. Dr. Dominik Zumbühl vom Departement Physik der Universität Basel. "Das würde fast eine Milliarde Schaltungen in einer Sekunde erlauben. Damit nähert sich die Spin-Qubit-Technologie den Taktraten der heutigen konventionellen Computer."

Die Forscherinnen und Forscher verwendeten für ihre Experimente einen Halbleiter-Nanodraht aus Silizium und Germanium, der an der TU Eindhoven hergestellt wurde und dessen Durchmesser nur etwa 20 Nanometer beträgt. Entsprechend klein ist auch die Größe des Qubits, wodurch im Prinzip Millionen oder sogar Milliarden von solchen Qubits auf einem Chip integriert werden können.

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Publikation zum Thema

Florian N. M. Froning, Leon C. Camenzind, Orson A. H. van der Molen, Ang Li, Erik P. A. M. Bakkers, Dominik M. Zumbühl, and Floris R. Braakman
Ultrafast hole spin qubit with gate-tunable spin–orbit switch functionality
Nature Nanotechnology (2021); doi: 10.1038/s41565-020-00828-6